Jene Weste, die sich einst der französische König Ludwig XIV. anfertigen ließ, muss wohl ein beachtliches Gewicht gehabt haben. Denn immerhin war sie mit nicht weniger als 816 Knöpfen aus Edelsteinen und 1826 Diamantknöpfen bestückt. Mit einem zweckentsprechenden Kleidungsverschluss hatte diese geknöpfte Prachtentfaltung nur wenig zu tun, sondern sie diente in erster Linie der Zurschaustellung von Macht und Reichtum. Den sozialen Status einer Person konnte man da im wahrsten Sinne des Wortes „an den Knöpfen abzählen“.
Kostbare Knöpfe waren lange Zeit ein begehrtes Luxusgut, und nicht nur der „Sonnenkönig“ gab dafür bereitwillig ein Vermögen aus. Der sächsische Kurfürst August der Starke besaß eine umfangreiche Kollektion von funkelnden und glitzernden Rock-, Hemd- und Westenknöpfen, die heutzutage im Dresdener „Grünen Gewölbe“ aufbewahrt werden, und auch Wolfgang Amadeus Mozart legte Wert auf entsprechende Knopfzier. So etwa schwärmte er von einem roten Frack mit Knöpfen aus „Perlmutter, auf der Seite etwelche weisse Steine herum, und in der Mitte ein schöner gelber Stein“[1].
Die Geschichte der Knöpfe reicht weit zurück: Schon in der Jungsteinzeit verwendete man knopfartige Kleiderverschlüsse, und über die Jahrhunderte und Jahrtausende entwickelte sich eine Vielzahl von Knopfformen, die aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt wurden: aus Knochen, Holz, Glas, Bambus, Elfenbein, Büffelhorn, Schildpatt, Perlmutt, Leder, Metall und vielem mehr. Die zum Verschließen eines Kleidungsstückes nötigen Gegenstücke zu den Knöpfen waren lange Zeit Schlingen und Schlaufen. Die heute gebräuchlichen Knopflöcher sind eine „Erfindung“ des Mittelalters, und erst sie machten einen exakt sitzenden, engen Verschluss möglich. Damit wurden die Knöpfe auch zu einem Symbol für Disziplin und Ordnung, und wer sich zugeknöpft gibt, legt Wert auf Distanz.
Nach und nach entwickelten sich rund um das korrekte Zugeknöpft-Sein auch eine Reihe von Regeln. Die bekannteste – und bis heute von der Bekleidungsindustrie weitgehend beachtete – lautet, dass sich bei Männerkleidung die Knöpfe auf der rechten Seite befinden, bei Frauenkleidung auf der linken. Eine wirklich schlüssige Erklärung für diese Regel, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts relativ streng eingehalten wurde, gibt es nicht. Eine oft zitierte Theorie lautet, dass dies bei der Männerkleidung mit dem historischen Waffengebrauch zusammenhänge – damit sich, wenn mit der rechten Hand der üblicherweise auf der linken Körperseite getragene Degen gezogen wurde, nicht der Degengriff in der Knopfleiste verhedderte. Außerdem war es den Männern bei dieser Verschlussrichtung möglich, die rechte Hand in die Rocköffnung zu stecken, was als vornehme Haltung galt. Die entgegengesetzte Verschlussrichtung bei der Frauenkleidung wird häufig damit erklärt, dass dies den Zofen, die adeligen Frauen beim Anziehen halfen, das Knöpfen erleichterte, da sie so die Knöpfe mit der rechten Hand fassen konnten – während, laut dieser Theorie, Männer sich selbst ankleideten und daher für sie die Platzierung der Knöpfe auf der anderen Seite praktischer war. „Vielleicht ist es aber ganz anders“, meint der Sozialhistoriker Roman Sandgruber, der sich im Rahmen seiner Forschungen zur Alltagsgeschichte auch mit den Knöpfen beschäftigt hat: „Der Unterschied wäre damit zu erklären, dass den Frauen einst Knöpfe überhaupt verboten oder für sie ganz unüblich waren und Frauenkleider daher mit Haken und Ösen geschlossen wurden. Haken oder Hafterln, die in Ösen eingehängt werden, ergeben bei Verwendung der rechten Hand eine gegenüber Knöpfen seitenverkehrte Verschlussrichtung, also von rechts nach links, die dann, als an die Stelle der Haken Knöpfe angenäht wurden, beibehalten wurde.“[2]
Die heute noch verwendete Formulierung „jemandem Geld abknöpfen“ verweist darauf, dass früher tatsächlich häufig echte Münzen als Knöpfe an Jacken und Westen getragen wurden und im Bedarfsfall als Zahlungsmittel verwendet wurden – und waren alle aufgebraucht, dann hatte man eben auch „den letzten Knopf springen lassen“. In seinem Buch „Die Älpler“ berichtet der Schriftsteller Peter Rosegger über diese vor allem im ländlichen Raum verbreitet gewesene Sitte, Geldstücke als Knöpfe zu verwenden: „Der alte Sterlacher im Feistritztal hat eine Joppe gehabt, deren Knöpfe aus ‚Frauentalern‘ bestanden haben. Die Joppe ist zerrissen, die Knöpfe sind vertrunken.“[3]
Während Knöpfe in Münzoptik (allerdings ohne „Bezahlfunktion“) weiterhin als Verschluss auf manchen Westen oder Jacken zu finden sind, dienen Knöpfe auf Schuhen und Stiefeln heutzutage ausschließlich der Verzierung. Von der Mitte des 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert hingegen waren geknöpfte Stiefletten die große Mode.
Die kleinen Kugelknöpfe hatten da die zuvor üblichen Schnürungen abgelöst – bis sie selbst dann (so wie viele andere Knöpfe an Kleidungs- und Wäschestücken) meist durch einen Reißverschluss ersetzt wurden. Dieser machte das Stiefel-Anziehen um einiges leichter, denn das Verschließen der geknöpften Modelle war eine recht mühselige Angelegenheit, für die es ein eigenes Gerät gab: den sogenannten Knopfzieher oder Stiefelknöpfer – ein an einem Griff befestigter Haken (ähnlich einer Häkelnadel), mit dem die Knöpfe durch die Knopflöcher gezogen wurden.
Trotz vieler anderer Verschlussformen bleibt der Knopf ein fixer Bestandteil der Bekleidung, wenn auch Gestaltung, Anzahl und Platzierung mit den Moden wechseln. Wurde und wird der Knopf manchmal dutzendweise zur Schau gestellt, so bleibt er ein andermal unter verdeckten Knopfleisten verborgen. Dem Schriftsteller Robert Walser war der Knopf – konkret: der Hemdenknopf – sogar eine eigene „Rede“[4] wert, denn, so Walser, „viel Dank und gutes Zeugnis“ gebühre jenem „bescheidenen kleinen Burschen“, der stets „treulich, fleißig und ausharrlich“ seine Aufgabe erfüllt.
[1] W.A. Mozart, Brief an Baronin von Waldstätten, 28.9.1782. In: Die Briefe W.A. Mozarts und seiner Familie, hg. v. Ludwig Schiedermair, München 1914, Bd. 2, S. 189.
[2] Roman Sandgruber, Der Knopf und das Knopfloch. In: Roman Sandgruber, Frauensachen. Männerdinge. Eine „sächliche“ Geschichte der zwei Geschlechter, Wien 2006, S. 134.
[3] Peter Rosegger, Die Älpler in ihren Wald- und Dorfgeschichten, Leipzig 1913, S. 346.
[4] Robert Walser, Rede an einen Knopf. In: Die weißen Blätter. Eine Monatsschrift, August 1915, S. 1053f.
12.3.2022