Störche sind Frühlingsboten und Glücksbringer, insbesondere den Weißstorch lieben wir. Denn er ist „ein schönes, wohlgestaltetes Tier mit einer strengen, dafür aber geradezu klassischen Farbwahl: weiß, schwarz, rot“– so schreibt Johannes Zeilinger gleich zu Beginn seines im Verlag Matthes & Seitz erschienenen Bandes „Störche. Ein Portrait“.

Johannes Zeilinger ist Sportmediziner, war Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und hat auch schon Bücher über Zypern, den Nordpol und den Schriftsteller B. Traven veröffentlicht. Zeilinger wohnt an der Elbe und kann von seinem Schreibtisch aus auf Storchennester blicken. Das prädestiniert ihn natürlich dazu, diese Vögel zu porträtieren. Er macht dies gründlich und eloquent. Man lässt sich von ihm in die diversen Geheimnisse dieser schönen Tiere einweihen. Er beginnt mit einer vor einigen Jahren in Südägypten entdeckten, 5000 Jahre alten, in den Fels geritzten Darstellung von Störchen, die – so meinen die Wissenschaftler – „den Übergang von Darstellungen der natürlichen Welt zu Hieroglyphen markieren“.
Zeilinger weiß alles über den Nestbau und die Ernährung der Storchjungen und stürzt sich in „Die Rätsel der Wanderwege“. Man konnte nämlich erst um 1600 die Frage beantworten, wohin sich die Störche denn in den Wintermonaten begeben, bis dahin vermutete man, dass sie mit Kranichen und Schwalben auf den Mond fliegen würden. So kam man dann darauf, dass es für die europäischen Störche eine Ost- und eine Westroute gibt, die sie zu ihren afrikanischen Winterherbergen bringt. Junge Störche, die noch nicht geschlechtsreif sind, daher auch keinen Druck verspüren, Nester zu bauen, bleiben oft auch den Sommer über im afrikanischen Exil.

Das Flugverhalten der Störche, welches dem Flugpionier Otto Lilienthal als Vorbild für seine Segelflugapparate diente, ihr Heimatgedächtnis, ihre Fortpflanzungsstrategien und die Partnerwahl sind weitere Themen, dann geht es um die Flexibilität der Tiere hinsichtlich der Auswahl ihrer Winterquartiere: wenn es nämlich auf dem europäischen Kontinent, in Spanien oder Portugal, genug Möglichkeiten gibt, Futter zu finden, bleiben sie dort und überqueren nicht das Mittelmeer. Und weil sie nahezu stumm sind, verständigen sie sich durch Klappern.

Der Ursprung des Namens Adebar, oder Meister Adebar, den der Storch in alten Fabeln trägt, ist nicht wirklich eindeutig festzustellen, das kann sowohl Segenbringer, als auch Sumpfgänger heißen. Apropos Segenbringer, auch in den Ländern, wo Störche gar nicht vorkommen, bringt er angeblich die kleinen Kinder. Und natürlich weiß Zeilinger, dass es sich beim sogenannten „Storchenbiss“, also jener Rötung im Nacken von etwa 60% aller Neugeborenen, in Wirklichkeit um ein Feuermal handelt, eine gutartige Hautveränderung, die meist in den ersten Lebensjahren verschwindet.

Ein Thema von Johannes Zeilingers Betrachtungen ist der Klimawandel und damit die Frage, ob diese „klugen, anpassungsbereiten und lernfähigen Wesen“ dafür gerüstet seien, denn Afrika wird – so meinen die Fachleute – vom Klimawandel viel heftiger betroffen werden als Europa. Am Ende dieses umfassend informierenden und auch reich bebilderten Buches steht eine Aufzählung aller Storchenarten mit Abbildungen und allen besonderen Details.
Johannes Zeilinger: Störche. Ein Portrait. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2025.
Die Illustrationen zu diesem Beitrag entsprechen der Bebilderung von Teilen des Buches, basieren aber auf eigener Recherche und wurden nicht dem Buch entnommen.
21.4.2025