WIEDERGELESEN: SHANGRI-LA

Buchcover

Im Jahr 1933 veröffentlichte der britische Schriftsteller James Hilton (1900–1954) den Roman „Lost  Horizon“, zu Deutsch „Der verlorene Horizont“. Darin beschreibt er die Erlebnisse von vier Menschen in einer abgelegenen tibetischen Region. Die Gegend nannte er „Shangri-La“, in diesem Namen verflocht er die tibetischen Bezeichnungen für Zentraltibet, Berge und Pass. Außerdem soll Hilton da eine Legende aus buddhistischen Schriften übernommen haben, in der ein verborgenes Paradies als geistiges Zentrum der Erde erst dann zugänglich wird, wenn die Menschheit dafür bereit ist.

Der Roman wurde zum Welterfolg, etliche Male verfilmt und in viele Sprachen übersetzt – so auch mehrfach ins Deutsche. „Shangri-La Irgendwo in Tibet“ ist der Titel der der aktuellsten Ausgabe. Und das wohlklingende Wort Shangri-La wurde mittlerweile zum Synonym für das Paradies auf Erden schlechthin.

Hilton schrieb seinen Roman nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs, in einer Zeit also, in der die Sehnsucht nach Frieden, Schönheit und Glück besonders groß war. Und diese Sehnsucht der Menschen ist ja nach wie vor da, somit wirkt die Geschichte wie damals, nur zu gerne glaubt man an eine Weltgegend, in der nicht nur ein besonderes atmosphärisches, sondern auch ein unwahrscheinlich spirituelles Klima herrscht.

Die Geschichte ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, in der britische Kolonialbeamte von den Erlebnissen mit einem gewissen Hugh Conway erzählen. Es beginnt dann damit, dass ein Ort im fernen Osten vom Angriff fremder Truppen evakuiert werden musste und in diesem Tohuwabohu vier Menschen in ein abgelegenes Tal entführt werden: Hugh Conway, der ein königlich-britischer Konsul ist, sein junger Kollege, ein zwielichtiger Amerikaner und eine resolute Missionarin. In dem traumhaften Tal von wunderbarer Schönheit herrschen unvorstellbare Zustände des Glücklichseins. Nicht alle Vier kommen in gleicher Weise mit der stark vom Buddhismus beeinflussten Haltung klar, Hugh Conway wird zum eigentlichen Helden des Romans, in ihm verbindet sich ein mystischer Zug stark mit Skeptizismus, er wird vom regierenden Lama in alle Geheimnisse des Ortes eingeweiht: „Unser Grundsatz ist Mäßigung. Und eins von den Dingen, worin wir immer mäßig sind, ist Tätigkeit.“ Der weise Alte fragt Conway auch, ob er nicht sein Nachfolger werden wolle. Doch daraus wird nichts, die allzu menschlichen Sehnsüchte und Begierden der anderen zwingen Conway, Shangri-La zu verlassen. Hilton lässt aber allen, die an ein Happy-End glauben wollen, einschlägige Hoffnung. Denn es kann durchaus sein, dass es Conway doch gelingt, nach Shangri-La zurückzukehren.

27.3.2025

Die Themen der Flaneurin:
Nach oben scrollen